12 Rheindampfer aus der Schweiz „ankern“ im Schlossturm
Im Jahr 2023 wurde dem SchifffahrtMuseum überraschend eine Sammlung Schiffmodelle aus der Schweiz angeboten. Die Modelle zeigen frühe Personendampfer vom Rhein und sind zum Teil über 100 Jahre alt. Über welche Stationen diese Schiffe zunächst in die Schweiz gelangten und letztlich ihren Weg nach Düsseldorf fanden, erfahren Sie auf einer kleinen Reise in die Geschichte der Sammlung, die bis ins 19. Jh. zurückreicht.
Autor*in
Thomas Belz M.A.
Veröffentlichungsdatum
09.04.2025
Der lange Weg einer Modellsammlung nach Düsseldorf
Vor gar nicht allzu langer Zeit, im Jahr 2023, wurde dem SchifffahrtMuseum Düsseldorf überraschend eine Sammlung Schiffmodelle aus der Schweiz angeboten. Die Modelle zeigen größtenteils frühe Schiffe der Köln-Düsseldorfer Dampfschifffahrtsgesellschaft und sind zum Teil über 100 Jahre alt.
Heute, am 9. April 2025, dem 7. Internationalen Tag der Provenienzforschung möchten wir Sie auf eine kleine Reise in die Geschichte dieser Sammlung mitnehmen, die bis ins 19. Jahrhundert zurückreicht. Wir berichten, wie diese Modelle, deren Vorbilder einst vor allem auf dem Mittel- und Niederrhein fuhren, in die Schweiz gelangten und letztlich ihren Weg nach Düsseldorf fanden.
Die Gestaltung der Modelle spricht für die Arbeiten von zumindest zweier verschiedener Modellbauer. Sie selbst geben uns nur wenig Auskunft über ihre Geschichte. Die von Ihnen dargestellten Schiffe repräsentieren jedoch fast 100 Jahre der Rheindampfschifffahrt. Sie entstanden wohl zu einer Zeit, als ein Großteil ihre Vorbilder noch auf dem Rhein fuhren. Vom ersten Dampfschiff das auf dem Rhein regelmäßig verkehrte, der in den Jahren 1822 bis 1823 erbauten „De Nederlander“ der „Nederlandschen Stoomboot Maatschappij“ aus Rotterdam, bis hin zur 1905 erbauten „Schiller“ der „Preußisch-Rheinischen Dampfschiffahrt-Gesellschaft“ aus Köln dokumentieren die zwölf Modelle die Entwicklung der Personendampfschifffahrt dieser Zeit.
Folgen wir nun der Provenienz der Objekte selbst: Im Herbst 2023 wurden dem SchifffahrtMuseum die Modelle von Herrn Dominic Faggiani, dem Besitzer der Bömmel Werft aus Lauwil in der Schweiz angeboten. Er ist selbst Sammler und Restaurator alter Schiffsmodelle. In seinen Besitz gelangten die zwölf Dampfschiffe im Zuge einer Neukonzeption des Baseler Hafenmuseums. Im Vorfeld der Neueröffnung 2021 wurden sie aus dessen Sammlung ausgegliedert. Dass sich diese Schiffe bereits in den Jahren um 1985/86 in der Dauerausstellung des Basler Museums befanden, belegen die damals angefertigten Inventarblätter mit Fotos der alten Ausstellung.
Eine journalistische Anfrage an das Museum zur Geschichte der Modellvorbildervom 19. April 1960 bringt uns einen Schritt weiter in die Vergangenheit der Sammlung. Zur Beantwortung wurde anschließend nicht nur die Köln-Düsseldorfer Rheinschifffahrt in Köln um Auskunft gebeten, sondern auch der in diesem Bereich als Fachmann geltende Prof. Dr. Anton Felix Napp-Zinn (1899-1965), in jenen Jahren Professor der Verkehrswissenschaft an der Universität Frankfurt am Main. Dazu erhielten diese eine Auflistung mit den Namen der zwölf Modelle, die sich ebenfalls erhalten hat.
Damals waren die Schiffsmodelle erst seit wenigen Jahren in einer Dauerausstellung im Basler Rheinhafen an der Westquaistrasse 2 zu sehen, die durch eine Stiftung der Schweizerischen Reederei A.G. unter dem Titel „Unser Weg zum Meer“ 1954 eröffnet werden konnte.
Dass die Modelle bereits zur Eröffnung des Hafenmuseums präsentiert wurden, beweisen uns Dokumente aus dem Jahr 1953. Diesen entnehmen wir, dass die Schweizerische Reederei A.G. in der Planung der Basler Ausstellung gezielt einen privaten Sammler zum Erwerb der zwölf Modelle angefragt hatte. Für den Preis von 5.000,- Schweizer Franken wechselten die Modellschiffe am 14. September 1953 den Besitzer. Unsere Recherche führt uns damit nach Zürich.
Dort, in Zürich, lebte damals Wilhelm Kahl (1877-1959), gebürtiger Kasseler, Tapeziermeister, Mitglied des Züricher Yacht Clubs und Besitzer einer großen Sammlung von Schiffsmodellen aus aller Herren Länder. Welch umfangreiche Bestände seine Sammlung aufwies, können wir einer kleinen Publikation aus dem Jahr 1988 entnehmen. In jenem Jahr wurden weitere 104 Modelle aus der Sammlung Kahl zur Ausstellung in das „Verkehrshaus der Schweiz“ in Luzern übernommen. Die Tochter Wilhelm Kahls, Lotte Kahl (1919-2009), hatte dem Verkehrshaus die Modelle am 6. November 1987 nach dem Tod Ihres Bruders überlassen.
Von jenem Bruder, Konrad Kahl (1914-1985), erfahren wir auch etwas über die Herkunft unserer zwölf Dampfschiffsmodelle. Er beschreibt 1965 in einer kleinen Publikation zum Andenken an seinen Vater die Herkunft der Modelle und erwähnt auch die damals bereits nach Basel verkauften Dampfschiffe als Teil einer noch älteren Sammlung.
Wilhelm Kahl hatte einen Großteil seiner Sammlung bereits im Jahr 1932 aus der Erbmasse eines verstorbenen Bekannten aus dem Züricher Yachtclub erworben. Die kreuz und quer in dessen Haus aufgestellten und penetrant nach Pfeifentabak duftenden Modelle musste er anschließend in Monaten mühevoller Arbeit von einer dicken Staubschicht befreien. In der kleinen Züricher Junggesellenwohnung über der Limmat hatte sie Franz Joseph Wilhelm Reitz (1861-1932) zusammengetragen. Reitz, gebürtiger Mainzer, Schiffsbaumeister und Oberingenieur bei der Escher-Wyss & Co war der Schifffahrt eng verbunden. Während seiner beruflichen Laufbahn entstanden unter seiner Aufsicht in den Jahren von 1889 bis 1921 wohl auch zirka 342 echte Schiffe.
Bei seinen zahlreichen Auslandsreisen zu den Auftraggebern, so wird es von den Kindern Wilhelm Kahls beschrieben, wurde Reitz wohl auch auf Schiffsmodelle aufmerksam, die er in Museen und bei privaten Sammlern entdeckte. Das soll ihn zu seiner eigenen Sammeltätigkeit motiviert haben, die er wohl intensiv während seiner Berufszeit seit 1889 verfolgte. Diese Leidenschaft war so prägend, dass sein „ausserordentlich interessantes Museum von allen möglichen Schiffsbautypen“ auch in seinem Nachruf eigens Erwähnung fand.
So begann also die kleine Geschichte unserer Dampfschiffmodelle, die Sie inzwischen in unserer aktuellen Dauerausstellung in Düsseldorf bewundern können. Die Freunde und Förderer des Schifffahrtmuseums finanzierten dem Museum diese seltene und außergewöhnliche Sammlung zum Anlass des 40-jährigen Jubiläums des Einzugs des SchifffahrtMuseums in den historischen Schlossturm. Die Schiffe wurden im Rahmen einer Pressekonferenz zum Start des Jubiläumsjahres 2024, am 12. Januar der Öffentlichkeit präsentiert und sind seitdem Teil der Dauerausstellung. Dem Engagement von Herrn Faggiani ist es zu danken, dass diese Modelle bis heute zusammen der Öffentlichkeit präsentiert werden können.
Falls Ihnen der Weg nach Düsseldorf zu weit ist, können Sie die Modelle seit heute auch als kleine virtuelle Ausstellung im E-Museum der Landeshauptstadt betrachten.